Klimawirkung und Schwierigkeit von langfristigen Entscheidungen

Langfristige Entscheidungen haben einen großen Einfluss auf unsere persönliche Klimabilanz. Entscheide ich mich heute dafür, ab jetzt kein Auto mehr zu kaufen und zu verwenden, spare ich in 50 Jahren 116 Tonnen an CO2-Emissionen ein [1] – in etwa die Menge, die 1000 Buchen in 100 Jahren absorbieren [2]. Die Wahl, stattdessen ein Elektroauto zu fahren, schlägt sich auch positiv in der Klimabilanz nieder, sofern der Strom aus erneuerbaren Quellen kommt, die Wirkung ist allerdings deutlich geringer [3].

Die Abbildung zeigt schematisch die Wirksamkeit und den Schwierigkeitsgrad langfristiger klimafreundlicher Entscheidungen (Schwierigkeitsgrad ist subjektiv und kontextabhängig). Das Pflanzen eines einzelnen Baumes lässt sich relativ einfach bewerkstelligen – hat aber auch eine vergleichsweise geringe Wirkung. Wirkungsvoller sind in diesem Kontext Entscheidungen, die die eigenen vier Wände betreffen: Die Installation von Wärmepumpen oder Photovoltaikanlagen wie auch das Verbessern der Isolierung tragen einen nicht zu vernachlässigenden Teil zur Reduktion der Klimabilanz bei [4,5,6], sind aber mit weitaus höherem Aufwand und nicht zu vernachlässigbaren finanziellen Hürden verbunden. Handelt es sich um einen Neubau, kann sich die Wahl, Holz als Baustoff zu verwenden, besonders positiv auswirken, da nicht nur im Bauprozess weniger Energie verwendet wird, sondern auch Kohlenstoff im Bauholz gebunden wird [7].

Begrünte Dächer helfen zwar potenziell bei der Temperaturregelung im und um das Gebäude, haben aber weitaus weniger Effekt auf die Kohlenstoffbindung oder Emissionsreduktion als andere Maßnahmen [8]. Eine langfristige Entscheidung, die besonders effektiv sein kann, ist die Wahl von kleineren Wohnungsgrößen [9] und die Stadt als Standortwahl [10], um Energie und Ressourcen einzusparen.

Nicht nur die Wahl des Wohnstandortes, sondern auch jene der Mitbewohner und Mitbewohnerinnen hat großen Einfluss auf die verursachten Emissionen. Haustiere sind für viele Menschen ein unverzichtbarer Teil ihrer Familie, und doch sind die insbesondere durch das Tierfutter entstehenden Emissionen nicht zu unterschätzen [11]. Wer nicht auf fellpfotige Begleiter verzichten kann, kann mit der Auswahl von klimaverträglicherem Futters die Emissionen etwas verringern

Einige langfristige Entscheidungen sind bisher nicht oder kaum wissenschaftlich untersucht oder können nur schwer quantifiziert werden. Dazu zählen die Entscheidung für ein Konto bei Banken mit guter Nachhaltigkeitsbilanz, grüne Investitionen oder die Wahl von Beruf und Arbeitgeber.

Solche Entscheidungen werden momentan nur selten unter Berücksichtigung ihrer langfristigen Klimawirkungen getroffen – oft aufgrund von hohen finanziellen Aufwendungen, die sich im Fall von baulichen Maßnahmen erst in der mittleren und langen Frist auch finanziell rentieren. Andere Entscheidungen fallen eventuell aufgrund des steigenden Lebensstandards schwer – wie die Wahl kleinerer Wohnungen in der Stadt anstatt großer Einfamilienhäuser im Grünen oder der Verzicht auf ein eigenes Auto.

Text und Recherche: Alexandra Lehner, Jan Stalzer, Thomas Brudermann

Illustrationen: Annechien Hoeben

Quellen:

[1] Umweltbundesamt (2022). Emissionskennzahlen Datenbasis 2020. URL: https://-www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/themen/mobilitaet/daten/ekz_pkm_tkm_verkehrsmittel.pdf

Grundlage der Berechnung stellt die angeführte Datenbasis des Umweltbundesamtes dar. Die Berechnung geht in jeglichen getroffenen Annahmen (gefahrene Kilometer pro Jahr; Emissionen von Verbrennungsmotoren, Elektromotoren sowie von öffentlichen Verkehrsmitteln; Nutzungsverhalten öffentlicher Verkehrsmittel) von Durchschnittswerten aus.

[2] Laut verschiedener Quellen, z.B. https://www.co2online.de/service/klima-orakel/beitrag/wie-viele-baeume-braucht-es-um-eine-tonne-co2-zu-binden-10658/

[3] Siehe [1]

[4] Das Einsparungspotential von Wärmepumpen ist sehr variabel – und insbesondere abhängig vom regionalen Strommix. Im deutschen Stromnetz hatte die Installation einer Wärmepumpe je nach Strommix ein CO2-Einsparungspotential von 35%-72% (Blum, P. et al (2010): CO2 savings of ground source heat pump systems – A regional analysis. Renewable Energy 35(1), 122-127 doi: https://doi.org/10.1016/j.renene.2009.03.034)

[5] Klimaaktiv (2022). Photovoltaik-Rechner. URL: https://www.klimaaktiv.at/service/tools/erneuerbare/pv_rechner.html

Laut Rechner der österreichischen Energieagentur würde die Installation einer 60m² großen Anlage auf einer Dachschräge (45°) mit Südausrichtung und 30% Eigenverbrauchquote zu 111.315 kg CO2-Einsparungen nach 25 Jahren führen, was auf ein Jahr gerechnet etwa 4,44t CO2 wären.

[6] Das Einsparungspotential ist abhängig von der Art und Dicke der Isolierung sowie von baulichen Voraussetzungen. In einer Simulationsstudie für Griechenland ist dieses zwischen etwa 63,2% und 72,2% (Axaopoulos, I. et al (2018). Optimum external wall insulation thickness considering the annual CO2 emissions. Journal of Building Physics 42(4), 441-457, doi: https://doi.org/10.1177/1744259118774711). In anderen Studien sind die Emissionen im Bau um etwa 6% niedriger, und im Betrieb um etwa 17% niedriger als bei „klassischen“ Gebäuden (Anastaselos, D., Giama, E. & Papadopoulos, A. M. (2009). An assessment tool for the energy, economic and environmental evaluation of thermal insulation solutions. Energy and Buildings 41(11). 1165-1171. doi: https://doi.org/10.1016/j.enbuild.2009.06.003). In Österreich sinkt der Heizwärmebedarf durch eine umfassende thermische Sanierung im Jahr 2020 von 129kWh/m²/Jahr auf 44kWh/m²/Jahr (Umweltbundesamt (2022). Klimaschutzbericht 2022. URL: https://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/rep0816.pdf )

[7] In einer älteren Studie führten aus Holz gebaute Häuser in Japan im Bau zu 40% weniger Emissionen als Einfamilienhäuser mit Stahlstruktur und zu 70% weniger Emissionen als herkömmliche Häuser (Suzuki, M., Oka, T., Okada, K. (1995). The estimation of energy consumption and CO2 emission due to housing construction in Japan. Energy and Buildings 22(2). 165-169. doi: https://doi.org/10.1016/j.enbuild.2009.06.003). Im verbauten Holz wird ebenfalls CO2 gebunden – in einem durchschnittlichen Holzhaus etwa 31 Tonnen – zwischen 0,214 und 0,284t/m² (Pásztory, Z., Hegedűs, T. & Börcsök, Z. (2019). CO2 sequestration potential of log homes. IOP Conf. Series: Earth and Environmental Science. 307. doi:https://doi.org/10.1088/1755-1315/307/1/012016).

[8] Das CO2-Bindungspotential begrünter Dächer liegt je nach Berechnungsmethode bei bis zu 9.82kg C/Jahr. Zwar helfen grüne Dächer teilweise bei der Temperaturregulierung, doch liegt die Energieeinsparung im Gebäude meist im einstelligen Prozentbereich, wobei einzelne Studien auch auf weitaus höhere Werte kommen (Shafique, M., Xue, X. & Luo, X. (2020). An overview of carbon sequestration of green roofs in urban areas. Urban Forestry & Urban Greening 47 126515. doi: https://doi.org/10.1016/j.ufug.2019.126515)

[9] In Österreich steigen Emissionen auch aufgrund steigender Wohnungsgrößen – dieser Effekt kann zwischen 1990 und 2020 in einer Komponentenzerlegung auf 40% höhere Emissionen geschätzt werden (Umweltbundesamt (2022). Klimaschutzbericht 2022. URL: https://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/rep0816.pdf )

[10]  Muñoz, P., Zwick, S., & Mirzabaev, A. (2020). The impact of urbanization on Austria’s carbon footprint. Journal of Cleaner Production263, 121326. https://doi.org/10.1016/j.jclepro.2020.121326

Die Studie berechnet Durchschnittswerte für den ökologischen Fußabdruck in Abhängigkeit des Wohnortes. Wohnt man in der Stadt, sind die CO2-Emissionen im Schnitt zwischen 750 und 1500 Kilogramm geringer, als wenn man am Land oder in Vororten wohnt.

[11] Martens, P., Su, B., & Deblomme, S. (2019). The ecological paw print of companion dogs and cats. BioScience69(6), 467-474. https://doi.org/10.1093/biosci/biz044

Die Studie nennt keine Zahlen für Österreich, daher wurden zur näherungsweisen Berechnung die Werte für niederländisches Tierfutter herangezogen. Hundefutter verursacht demzufolge durchschnittlich 886 Kilogramm CO2-Emissionen pro Jahr, Katzenfutter 200 Kilogramm.

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